Der dankbare Kranich | Japanisches Volksmärchen – Eine Geschichte von Tradition und Geheimnis

The Grateful Crane | Japanese Folktale – A Tale of Tradition and Mystery Wort-d

Es war einmal, in den Vororten einer Provinzstadt, eingebettet in die üppigen Hügel der Natur, lebte ein junger Mann namens Shota. Obwohl er nicht wohlhabend war, zeichnete er sich durch sein freundliches und mitfühlendes Wesen aus und half stets seinen Mitmenschen. Eines kalten Winterabends, auf dem Heimweg, vernahm Shota ein leises Rufen aus dem Wald. Neugierig folgte er dem Klang und entdeckte einen Kranich, der in einer Falle gefangen und am Verzweifeln war. Ohne zu zögern befreite Shota den Kranich und befreite ihn aus der Falle. Der befreite Vogel erhob kurz den Blick zum Himmel, als wolle er etwas sagen, und verschwand dann in der Dunkelheit der Nacht.

Am nächsten Tag geschah etwas Wundersames. Eine wunderschöne Frau erschien in der Stadt und suchte Shota auf. Sie stellte sich als Miu vor und erklärte, dass sie gekommen sei, um den Kranich zu ehren, den Shota einst gerettet hatte. Mit der Zeit kamen sich die beiden näher, und sie heirateten schließlich. Während die Tage friedlich vergingen, schlug Miu vor, durch das Weben eines „besonderen Stoffs“ zur Haushaltskasse beizutragen. Sie zog sich in ein Zimmer zurück, setzte sich an den Webstuhl und begann, einen atemberaubenden Stoff zu weben, der sanft wie das Mondlicht schimmerte.

Der exquisite Stoff erlangte rasch großen Ruhm und wurde von der ganzen Stadt hoch geschätzt, wodurch sich Shotas Lebensumstände deutlich verbesserten. Doch Miu hütete ein strenges Geheimnis: Während sie webte, durfte man niemals ihren Rücken sehen. Shota vertraute ihren Worten und führte sein Leben fort, bis seine Neugier ihn schließlich überwältigte und er eines Nachts heimlich in ihr Zimmer spähte.

Im sanften Mondlicht erblickte Shota ein Bild, das ihm den Atem raubte. Vor ihm, am Webstuhl sitzend, entfaltete sich Mius Rücken zu einem prächtigen Paar weißer Flügel, während ihre Arme sich langsam in zarte Federn verwandelten. Wie in einem heiligen Ritual zog sie behutsam jede ihrer Federn heraus, während sie unaufhörlich webte. In diesem Augenblick schien sie nicht länger nur eine Frau zu sein, sondern der Inbegriff eines Kranichs in menschlicher Gestalt. Ihre Erscheinung strahlte eine mystische Aura aus, die selbst die Luft zu verstummen brachte. Die Wahrheit traf Shota unerbittlich, und er begriff das enorme Opfer und den Schmerz, den Miu aus Liebe vor ihm verborgen hatte.

Der dankbare Kranich | Japanisches Volksmärchen – Eine Geschichte von Tradition und Geheimnis

Am nächsten Morgen sprach Miu, von tiefer Trauer erfüllt, leise: „Ich bin der Geist des Kranichs, den du einst gerettet hast. Ich habe in menschlicher Gestalt gelebt, um deine Güte zu erwidern. Doch nun, da du mein Geheimnis kennst, kann ich nicht länger an diesen Ort gebunden bleiben.“ Mit diesen Worten verließ sie langsam das Zimmer und verschwand in den Weiten des Himmels.

Shota blieb zurück, erfüllt von tiefem Bedauern über sein gebrochenes Versprechen, und erkannte den unschätzbaren Wert von Schönheit und Dankbarkeit. Von diesem Tag an lebte er zurückgezogen und nachdenklich, während er die vergangenen Ereignisse in seinem Herzen bewahrte und die wahre Bedeutung von Mitgefühl und Verbundenheit lernte.

 

Lehre:
Diese Erzählung lehrt uns, die Schulden der Güte niemals zu vergessen, Geheimnisse zu wahren und die tiefe Verbundenheit zwischen Mensch und Natur zu ehren.

鶴の恩返し|日本の昔話

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